Es war ein
jahrelanger Kampf bei dem Comics immer wieder als Kinderunterhaltung abgetan
wurden und ihnen die Akzeptanz durch die breite Öffentlichkeit in Deutschland
verwehrt blieb. In Japan erfreuen sich Manga schon seit Jahrzehnten einer
großen Beliebtheit und werden von allen Generationen konsumiert und
respektiert. In Deutschland sah die Welt hingegen anders aus. Hierzulande
dachte man bei Comics stets an Donald Duck, Fix und Foxi, Spider-Man, Batman
und Co. Dass es auch anspruchsvolle Unterhaltung gab, wollte man zunächst nicht
wahr haben. Es war ein langwieriger Prozess, aber mittlerweile findet man Comic-Hefte,
Graphic Novels und Manga auch im Buchhandel. Alan Moores und Dave Gibbons
„Watchmen“ hat es 2005 sogar in die Liste der Times für die 100 besten
englischsprachigen Romane seit 1923 geschafft. Der Ritterschlag, wenn man so
möchte.
Das berühmte Watchmen-Comic von Alan Moore
Dieser neue Ruf,
den sich Comics so schwer erarbeitet haben, steht allerdings auf wackeligen
Füßen. Mit der Comicfilm-Schwemme, die seit einigen Jahren über die Kinos
schwappt, ändert sich erneut das Bild, dass die Gesellschaft von der
bebilderten Unterhaltung hat. Nicht missverstehen, ich bin ein großer
Marvel-Fan und das schon seit jeher, hab ich doch als junger Spund die englischsprachigen
Comics mit Gusto gelesen und gesammelt. Entsprechend bin ich auch Fan der
Filme. DC war nie so meins, aber mit Batman hat der große Marvel-Konkurrent
einen Helden in der Hand, dessen Filme häufig die Nase vorn hatten. Trotz
alledem hört man, wenn ein neuer Marvel-Trailer über die Leinwand flimmert,
Sprüche wie „Oh ne, schon wieder eine Comicverfilmung“. Dabei ist die
Bezeichnung Comicverfilmung im eigentlichen Sinne keine Genre-Bezeichnung.
Schließlich kann in einem Comic jedes Thema abgehandelt werden. Ob nun Drama,
Thriller, Horror, SciFi, Action oder Superhelden, die Themengebiete sind durch
das Label „Comicverfilmung“ nicht abgesteckt. Im Gegenteil, Comicautoren haben
dieselben Freiheiten wie Buch- oder Drehbuchautoren. Eingeschränkt werden sie
lediglich durch ihre Vorstellungskraft.
The Avengers durchbrach die 1 Milliarden Dollar Marke
Dabei ist vielen
Zuschauern schlichtweg nicht bewusst, dass einige Filme auf einem Comicbuch
basieren. Um diesem Umstand ein wenig Abhilfe zu verschaffen, habe ich ein paar
Filme zusammen gesucht, deren Herkunft man in den meisten Fällen nicht
unbedingt erahnt. Die Liste ist weder vollständig, noch maße ich mir an, hier
die besten Vertreter rausgepickt zu haben. Sie soll lediglich einen kleinen
Überblick bieten.
Crying Freeman
(1995)
Crying Freeman - Comic und Film
Das französische Duo
Samuel Hadida (Produzent) und Christophe Gans (Regisseur) hat 2006 mit „Silent
Hill“ nicht nur eine der besseren Videospiele-Verfilmungen abgeliefert, sondern
mit „Crying Freeman“ auch einen feinen Martial-Arts-Streifen produziert. Der
Film basiert auf dem gleichnamigen Manga des japanischen Autoren Kazuo Koike
und des Zeichners Ryōichi Ikegami. In der Hauptrolle findet man Marc Dacascos.
Hier zeigt der Amerikaner, der auch einige Jahre in Hamburg lebte, dass er mehr
schauspielerisches Talent hat, als seine trauriges B-Movie-Dasein derzeit
andeutet. Bereits im Capoeira-Film „Only the Strong“ arbeitete er mit Hadida
zusammen und war später noch einmal in der Hadida-Produktion „Pakt der Wölfe“ unter
der Regie Gans’ zu sehen. „Crying Freeman“ ist ein Action-Film, der häufig bei
beiderlei Geschlecht auf Wohlgefallen trifft. Zum einen läuft der
Hauptdarsteller häufiger mal mit nacktem Oberkörper rum, zum anderen stürzt man
sich nicht zu stark auf die Action (in der allerdings auch technisch
herausragt), sondern lässt auch eine Liebesgeschichte zwischen Yo Hinomura
(Dacascos) und Emu O’Hara (Julie Condra) mit einfließen. Eine Liebesgeschichte,
die frei nach dem Motto „Life Imitating Art“ ihren Weg ins echte Leben gefunden
hat, denn Condra und Dacascos sind mittlerweile verheiratet und haben drei
Kinder.
Oldboy (2003)
Der Thriller
„Oldboy“ ist einer der Filme, der das südkoreanische Kino weltweit bekannt
gemacht hat. Die verzwickte Geschichte um Oh Dae-Su, der für 15 Jahre von einem
Unbekannten in einem Raum gefangen gehalten wird und nach seiner „Entlassung“ fünf
Tage Zeit bekommt, um seinen Kidnapper zu finden, ist in der Form irgendwie nur
im asiatischen Kino denkbar. Auch „Oldboy“ basiert auf einem japanischen Manga,
allerdings sehr lose. Durch die internationale Bekanntheit des Films erhielt
Park Chan-wooks „Vengeance“-Trilogie mehr Aufmerksamkeit. Ohne dass Park in
seiner Trilogie einen roten Faden durch alle drei Filme zieht, ist „Oldboy“ das
Mittelstück, während „Sympathy for Mr. Vengeance“ den Anfang bildet und „Lady
Vengeance“ der Abschluss ist.
Choi Min-Sik als Oh Dae-Su
Erst letztes Jahr
wurde ein US-Remake des Films veröffentlicht, welches außer wegen des Namens,
anscheinend nicht in einem Atemzug mit dem Original genannt werden sollte.
Spike Lee übernahm die Regie und ließ Josh Brolin die Hauptrolle spielen.
Samuel L. Jackson, Sharlto Copley und Elizabeth Olsen waren in weiteren Rollen
zu sehen. Bei Publikum und Presse fiel das Remake allerdings durch.
Road to Perdition
(2002)
Nachdem Sam
Mendes für „American Beauty“ mit einem Oscar als „Bester Regisseur“
ausgezeichnet wurde und das Drama noch vier weitere Goldjungen in Empfang
nehmen konnte (u.a. für „Bester Film“), widmete sich der Regisseur einem
weiteren Drama Thriller-Elementen. „Road to Perdition“ basiert auf der
gleichnamigen Comic-Reihe, aus der Feder Max Allan Collins’.
Filmposter "Road to Perdition"
Vor der Kamera
versammelte Mendes einen namhaften Cast. Tom Hanks spielte die Hauptrolle.
Unterstützung fand er in Paul Newman, Daniel Craig, Jude Law und Jennifer Jason
Leigh. „Road to Perdition“ schlägt ein langsames Tempo an, ist sehr visuell
geprägt und behandelt die Loyalität eines Sohnes, der mit ansehen muss, dass
sein Vater ein Auftragsmörder ist. Der Thriller erhielt sechs
Oscar-Nominierungen und Conrad L. Hall wurde für seine Arbeit hinter der Kamera
mit dem Oscar für „Beste Kamera“ ausgezeichnet.
A History of
Violence (2005)
Einer unserer
beliebtesten kanadischen Regisseure ist und bleibt David Cronenberg. Er drehte
Filme wie „Scanners“, „Die Fliege“ und „eXistenZ“. Als er die Graphic Novel „A
History of Violence“ für einen Film adaptierte, schlug er damit einen gänzlich
anderen Weg ein. Das Drama zeigt Tom Stall (Viggo Mortensen), der in einer
amerikanischen Kleinstadt ein kleines Cafè führt. Stall ist glücklich mit
seiner Frau Edie (Maria Bello) verheiratet und hat einen Sohn Jack (Ashton
Holmes). Doch seine Vergangenheit holt ihn ein, als er Besuch von Carl Fogarty
(Ed Harris) bekommt, denn Richie Cusack (William Hurt) hat noch eine offene
Rechnung mit Stall zu begleichen.
Filmposter "A History of Violence"
Auch diese
Comicverfilmung erhielt zwei Oscar-Nominierungen. Jeweils für „Bester
Nebendarsteller“ (William Hurt) und „Bestes adaptiertes Drehbuch“ (Josh Olson).
„A History of Violence“ ist überaus gemächlich unterwegs, überrascht aber immer
wieder mit kurzen, brutalen Übergriffen, die durch das ruhige Setting noch viel
heftiger wirken (ähnlich wie bei „So Finster die Nacht“). Ein gelungenes Drama,
das viel Wert auf Charaktere legt.
The Crow (1994)
Brandon Lee als Eric Draven in "The Crow"
Ein Film der
allein auf Grund seiner Tragik in die Geschichte eingegangen ist. „The Crow“
war Brandon Lees letzter Film, als er wegen eines tragischen Unfalls am Set
erschossen wurde. Damit folgte der Sohn Bruce Lees viel zu früh seinem Vater,
der seinerzeit selber mit nur 32 Jahren verstarb.
„The Crow“ greift
die Geschichte auf, die James O’Barr in seiner gleichnamigen Graphic Novel
verarbeitete. In der Teufelsnacht, die Nacht vor Halloween, wird Eric Draven
von einer Gang ermordet, als er versucht den brutalen Übergriff gegen seine
Freundin Shelly Webster (Sofia Shinas) zu verhindern. Doch Dravens Seele findet
keine Ruhe und sinnt nach Rache. Eine Krähe führt den gepeinigten Draven zurück
ins Diesseits und hilft ihm dabei Rache zu üben und seinen Frieden zu finden.
Düster,
melancholisch und depremierend, „The Crow“ ist nichts für einen geselligen
Abend. Alex Proyas inszenierte den Film in dunklen Tönen und der Tod Brandon
Lees schwebt ständig über dem ganzen Film. Ein intensiver Film, voller Tragik
und Gefühl, begleitet von einem gelungenen Soundtrack aus der Feder Graeme
Revells. Über
die Sequels und die TV-Serie, letztere mit Mark Dacascos, hüllen wir allerdings lieber den
Mantel des Schweigens.
Honorary Mention
Bei manchen
Filmen ist es etwas offensichtlicher als bei anderen, dass man sie einem Comic
verdankt. Trotzdem unterscheiden sie sich ein wenig vom gängigen
Superhelden-Plot den man in den letzten Jahren zuhauf präsentiert bekommt. Erwähnenswert
sind deshalb auch „Immer Drama um Tamara“, „Snowpiercer“, „From Hell“, „Wanted“
„Hellboy“, „Watchmen“, „Timecop“ und „Scott Pilgrim gegen den Rest der Welt“.
Wie bereits
erwähnt ist die Liste beileibe nicht vollständig, sie dürfte allerdings zeigen,
dass Comic-Verfilmungen mehr zu bieten haben, als „Iron Man“, „Spider-Man“,
„The Avengers“, „Batman“ oder „Man of Steel“ vermuten lassen. Es muss nicht
immer Action sein, denn Comics können ebenso wie alle anderen Medien den Fokus
auf Geschichte, Figuren oder Emotionen lenken und damit eine umfangreiche
Palette an Geschmäckern bedienen. In Hollywood fährt man zwar zumeist die
sichere Schiene, aber immer wieder findet sich eine Verfilmung wieder, die ein
wenig aus dem Rahmen fällt. Mal sehen, wann es wieder soweit ist.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen