Montag, 21. März 2016

Bücher, Bücher, Bücher und kaum Zeit

Als wenn ich mit einem kleinen Sohn, Filmen, Serien und Spielen nicht schon genug zu tun hätte, hab ich mir schon in jungen Jahren ein anderes Hobby angelacht: Bücher. Lange bevor mich die anderen Medien gefesselt haben, wurde ich schon mit Büchern in die verschiedensten Abenteuer gezogen. Und damit ich ja auch nie eine Lesepause einlegen muss, lache ich mir immer neue Bücher an, so dass der SUB (Stapel ungelesener Bücher) immer größer und größer wird. Es gibt allerdings auch nichts tragischeres für mich, als ein Buch nicht in Griffweite zu haben. 

God's Eye View

Mein erster richtiger Eintrag in diesem Blog war eine Buchkritik zu Graveyard of Memories von Barry Eisler. Als ich vor einigen Jahren den ersten Band um John Rain las (dt. Titel Tokio Killer), war ich gefesselt von diesem einzigartigen Charakter, den Eisler ersonnen hat. Zwar hatte das erste Buch noch kleinere Mängel, aber mit der Erfahrung nahm alles immer mehr Tiefe an und das politische Engagement dass Eisler in seiner Freizeit an den Tag legt, findet sich auch in seinen Romanen. Intensive Recherche und brisante Themen bieten immer wieder die Basis für Romane, die realistisch und fesselnd sind. Erst kürzlich habe ich Eislers neuestes Werk The God's Eye View gelesen, welches jedoch nicht in die John Rain Reihe einreiht. Stattdessen widmet sich Eisler dem amerikanischen Überwachungsstaat, wie seinerzeit Bruckheimer in Staatsfeind Nr. 1 und wie gnadenlos er mit einzelnen Menschen umspringt, immer mit der Ausrede, dass einzelne Opfer der Gesellschaft untergeordnet sind. 

Erneut sind die Übergänge zwischen Realität und Zukunftsvision oder eher Dystopie fließend und die umfangreichen Quellen im Anhang, zeigen, dass einiges davon in gar nicht so ferner Zukunft bittere Realität werden könnte. Wer also Interesse an aktuellen Thrillern hat, die gute recherchiert sind, interessante, nachvollziehbare Charaktere bietet, dem kann ich The God's Eye View nur ans Herz legen. Fürs Kindle gibt es den Roman auch bereits für 4,99€ im englischen Original zu kaufen. 


Deadrise - Gnadenlose Jagd

Das Kindle verleitet mich immer wieder dazu, Bücher auszutesten, die ich vorher nicht auf der Agenda hatte. Mit einem Klick holt man sich das nächste Buch auf den digitalen Reader und erweitert so nach und nach seine Bibliothek. Als ich The God's Eye View kaufte stolperte ich in den Suchergebnissen auf Rober Blake Whitehills Roman Deadrise. Für 4,99€ holte ich mir das Buch aufs Kindle. "Kann ja nicht schaden.", dachte ich mir. Da hatte ich mich allerdings leider getäuscht. 


Das actionreiche Cover hat mit dem Inhalt fast gar nichts zu tun. Stattdessen verfolgt man einen Ex-Militär bei seinem Kampf gegen Schergen der Regierung. Zwar kommt es zu Kämpfen, Schießereien, Explosionen und einigen Toten, allerdings nicht in dieser Brisanz, wie das Titelbild suggeriert. Die Story ist zweckdienlich und definitiv nicht das Problem des Romans, auch wenn man sich hier nicht gerade mit Ruhm bekleckert. Nerviger sind hingegen die Charaktere. Allen voran der Hauptcharakter Ben Blackshaw. Krabbentaucher, der mit seinem Kollegen Ellis zufälligerweise über Kisten voller Goldbarren stolpert. Der Besitzer der Goldbarren setzt natürlich alles daran, sein Ware wieder in den Griff zu bekommen und macht auch vor Folter und Mord nicht halt. Doch weder Blackshaw, noch Ellis, noch alle anderen Figuren fühlen sich echt an. Der Schreibstil ist flappsig und anstrengend. Whitehill versucht humorvoll zu sein, nervt aber auf Dauer, weil seinen Stil zu forciert und zudem in seinen Beschreibungen springt, so dass der Leser teilweise Schwierigkeiten hat, zu folgen. 

Für mich war das leider der erste und letzte Roman rund um Ben Blackshaw und vermutlich auch der letzte Roman von Whitehill. 

Tokio Kill

Die nächsten Bücher stehen auch schon in der Pipeline. Tokio Kill von Barry Lancet wird gerade von mir gewälzt. Die Paralleln zu Barry Eisler und dessen ersten Roman Tokio Killer sind vermutlich rein zufällig, allerdings haben sie mich auch auf das Buch aufmerksam gemacht. Dass es zudem im Bücherladen um die Ecke, der Gebrauchtbücher günstig verkauft, im Regal stand und das im erstklassigen Zustand, kam mir natürlich entgegen. Ich bin gespannt, was mir hier geboten wird. 

Eiskalt Erwischt

Dan Simmons hat einen gewissen Bekanntheitsgrad, allerdings hat der vielseitige Autor längst nicht so viel Aufmerksamkeit erhalten, wie er eigentlich verdient. Mit Hyperion und Endymion hat er dem SciFi-Genre einen Meilenstein geliefert. Das Horror-Genre hat er auch schon mehrfach bedient, unter anderem mit Kinder der Nacht. Und mit Terror vermischte Simmons elegant historische Fakten mit phantastischen Elementen. Mit Drood heftete er sich an die Fersen Charles Dickens und mit Eiskalt Erwischt hat er sich dem Cop-Thriller gewidmet. Der Festa-Verlag bietet seine Bücher fürs Kindle für einen überaus attraktiven, günstigen Preis an. Erneut musste ich lediglich 4,99€ ausgeben, um den relativ schlanken Roman um Joe Kurtz zu erwerben. 


Der Einstieg ist auf jeden Fall rasant. Der Privatdetektiv Kurtz ermordet kaltblütig einen Man, der seine Partnerin auf dem Gewissen hat. Doch während in anderen Thrillern der lange Arm des Gesetzes einen großen Bogen um unsere Helden macht, wandert Kurtz für elf Jahre hinter Gitter. Die Handlung setzt nach seiner abgesessenen Strafe ein. Kurtz verdingt sich für die Mafia, um wieder beide Beine auf den Boden zu bekommen. Doch scheint er doppeltes Spiel zu spielen und auch die Mafia spielt nicht mit offenen Karten. Die Lage spitzt sich zu und einige Menschen trachten nach Kurtz' Leben. 

Simmons zeigt sich wieder wandlungsreich. Der bei Whitehill kritisierte, lockere Stil, findet sich auch hier, ohne jedoch so plump zu wirken. Dafür ist er zu wohldosiert. Das Tempo ist schnell und die Seiten sind schnell runtergelesen. Die Hälfte hab ich bereits hinter mir. Kurtz bleibt zwar noch relativ flach, aber immerhin versucht Simmons ihn nicht künstlich aufzublähen. Die nächsten beiden Romane rund um Joe Kurtz werde ich mir wohl auch noch zu Gemüte führen. 

Vince Flynn

Doch als wenn das nicht genug wäre, hab ich auch noch auf Ebay ein Paket mit 17 Büchern ersteigert. Unter anderem einen Batzen Vince Flynn Romane (die demnächst im Festa-Verlag fortgeführt werden), damit ich diese Reihe auch einmal weiterlesen kann. Matthew Reilly hat sich auch dort eingefunden und Jack Coughlin, von dem ich vorher noch nie gehört habe. Und dann wäre da noch Christoph Hardebusch mit Die Trolle. Zwar nervt es schon fast ein wenig, wie exzessiv die Tolkienschen Fantasy-Figuren in Romanen ausgewalzt werden, aber da ich mit Hardebusch gute Erfahrungen mit seinen Sturmwelten gemacht habe, Markus Heitz' Die Zwerge ganz solide war (zumindest der 1. Roman, während ich den Rest eher mau fand) und Bernahrd Hennens Die Elfen herausragend, freue ich mich ein wenig auf diesen kommenden Ausflug ins Fantasy-Gefilde. Im übrigen lagert hier auch noch Dave Duncans Trilogie um den zögernden Schwertkämpfer. Wenn wir schon bei Fantasy sind. 

Keine Langeweile

Das ist tatsächlich nur die Spitze des Eisbergs und behandelt auch nur die Bücher, die ich in den letzten drei oder vier Wochen gekauft habe. Hier stapeln sich noch viel mehr Bücher, sowohl digital, als auch physisch und ich werde sicherlich noch mehr kaufen, bis ich diesen Batzen an Romanen gelesen habe. In jedem Fall kann ich mich darauf verlassen, dass mir in Bezug auf Bücher niemals langweilig werden wird. 


Samstag, 12. März 2016

The Revenant oder wie ein Bär DiCaprio auseinander nimmt

Alejandro Iñárritus Film THE REVENANT hat jetzt schon Geschichte geschrieben. Nicht, weil er einen Oscar für „Beste Regie“ eingestrichen hat. Den Goldjungen durfte Iñárritu schon im Vorjahr für BIRDMAN mit nach Hause nehmen. Auch der Oscar für „Beste Kamera“ für Kameramann Emmanuel Lubezki ist dessen dritter Oscar in Folge in dieser Kategorie. Sicherlich, das sind Leistungen, die die Gewinner auf die Spitze des Olymps hieven. Doch REVENANT lieferte die Rolle für Leonardo DiCaprio, für die er endlich seinen wohlverdienten Oscar als „Bester Hauptdarsteller“ in Empfang nehmen durfte. Nachdem DiCaprio viermal leer ausgegangen war, erhielt er beim fünften Mal die Auszeichnungen, die das Internet schon seit Jahren gerne in seinen Händen gesehen hätte.


THE REVENANT basiert lose auf dem Roman The Revenant: A Novel of Revenge von Michael Punke von 2003. Der Film erzählt die Geschichte vom Trapper Hugh Glass (Leonardo DiCaprio) der 1823 von einem Grizzly angegriffen und schwer verletzt wurde. Von seinen Kameraden, mit denen er auf der Flucht vor Pawnee Indianern war, wurde er zum sterben zurückgelassen. Schlimmer noch, John Fitzgerald (Tom Hardy) tötet vor seinen Augen seinen Sohn und Halbindianer Hawk (Forrest Goodluck). Glass kämpft sich aus seinem mutmaßlichen Grab, kämpft sich durch die Wildnis und trotzt etlichen Gefahren, um den Mörder zu stellen. In eindrücklichen Bildern erzählt Iñárritu seinen Kampf ums Überleben.

Eine der eindrucksvollsten und intensivsten Szenen des Films, über die immer wieder gerne geredet wird, ist der Angriff des Grizzly-Bären. Im Kino setzte das Popcorn kauen aus, der Atem wurde angehalten, die Zuschauer wurden in ihren Sessel gedrückt ob der gezeigten Bilder. Schonungslos, ohne merkliche Schnitte muss man mit ansehen, wie der Grizzly Glass durch die Gegend zerrt, die Tatzen in seinen Rücken bohrt und seine Kiefer um seinen Körper schließt. Alles sieht so unglaublich authentisch aus und nur weil man weiß, dass es sich um einen Film handelt, stellt man sich unweigerlich die Frage: Wie haben sie diese Szene bloß gedreht?

Am Anfang war die Vision

Für Iñárritu stand von Anfang an fest, dass der Großteil der Grizzly-Attacke aus einer durchgehenden Szene bestehen sollte. Dies stellt sowohl die Kamera, die Regie, als auch die Make-Up Künstler vor große Herausforderungen. Alles musste bis ins kleinste Detail geplant werden und die nach und nach aufklaffenden Wunden mussten mit entsprechenden Prothesen gelöst werden, die vollständig an DiCaprio angebracht werden mussten. Zudem war es Iñárritu  wichtig, dass der Zuschauer nicht das Gefühl hätte, dem Angriff einer bösartigen Bestien beizuwohnen. Es sollte lediglich eine Bärin sein, die ihre Jungen beschützte, die in Gefahr sah.



Um die Szene möglichst authentisch inszenieren zu können, benötigte des Visual Effects Team Referenzmaterial. Hierfür wälzte man Aufnahmen echter Bärenangriffe, auch wenn dies keine angenehme Aufgabe war, wie Visual Effects Supervisor Richard McBride zu berichten weiß: „We started by finding clips of real bear attacks which was quite traumatizing for everbody involved.“ Man interviewte Überlebende und studierte darüber hinaus Bücher wie Scott McMillions Mark oft he Grizzly, in dem Beobachter und Überlebende ihre Erlebnisse schildern.

Nach dieser umfangreichen Recherche setzten sich Iñárritu, McBride sowie die Stunt-Koordinatoren Doug Coleman und Brian Machleit zusammen, um die Szene Schritt für Schritt durchzuplanen.

Eine der Frage, die geklärt werden mussten, war, wo exakt die Kamera positioniert werden sollte. Dies musste minutiös geplant werden, damit die digitale Verknüpfung aller Aufnahmen am Ende möglichst nahtlos wirken sollte. Man überlegte, wie Glass vom Bär gegriffen, durch die Gegend geschleudert wird, wo der nächste Angriff stattfinden würde und wo sie mit ihrem Maul zupacken würde. Neben den wilden Attacken waren auch die Momente zwischen den Angriffen von besonderer Bedeutung. Diese sollten die Spannung steigern, weil man im ungewissen blieb, wann und was als nächstes passieren würde. Nach und nach kristallisierte sich für McBride heraus, wie die einzelnen Shots nahtlos ineinander übergehen würden. Die finale Szene besteht aus 21 Shots, von denen 15 ILM nahtlos zu der bekannten sechsmintügen Attacke zusammenfügte.

Etwas Spielraum fürs Set blieb jedoch noch. So konnte DiCaprio noch ein wenig Input geben, wie er auf die Angriff reagieren, wie er sich wehren würde. Die Stunt-Men schlüpfte vor Ort in blaue Anzüge und trugen auf ihren Helmen noch einen blauen Schaumstoff-Bärenkopf. Dieser diente als Orientierung für das Effekte-Team und auch für DiCaprio, der mit dem Bären interagieren musste.



Weil Iñárritu und Lubezki für REVENANT geplant hatten, ausschließlich mit natürlichem Licht zu arbeiten, erschwerten die Dreharbeiten massiv. Das Zeitfenster für die Arbeit war gering, die Ansprüche an die Szene immens, das Ergebnis, mit dem das Paint Department arbeiten konnte, am Ende recht mager. Dieses hatte die Aufgabe, alle Aufnahmen „sauber“ zu ziehen, um eine durchgängige Qualität abzuliefern, in die man den Grizzly einfügen konnte. Visual Effects Supervisor Jason Smith bei ILM überwachte die Arbeiten am Material: „I’ve heard from multiple artists on this show that his was the most difficult and challenging paint work that the paint department has ever done at ILM.“

Die Magie entsteht in mühseliger Handarbeit am Rechner

Das Problem mit der Arbeit war, dass es keine Abkürzungen gab. Bei „normalen“ Szenen, in denen das Ausgangsmaterial nur dürftig ist, behilft man sich mit entsprechenden Schnitten. Da der Grizzly-Angriff jedoch eine durchgängige Sequenz sein sollte, musste man in den sauren Apfel beißen und das Material nutzen, was zur Verfügung stand. Als die Arbeiten beendet werden, konnte das Visual Effects Team den Grizzly einfügen.

Das CG-Modell basierte auf Fotos zweier Bären aus einem Vancouver Wildpark. Iñárritu war dabei der kritischste Beobachter. Zwar war ihm bewusst, dass kein Weg an digitaler Arbeit vorbeiführte, doch wollte er stets wissen, wie das Team die Bewegung authentisch aussehen lassen würde. Um die Authentizität zu untermauern hatte man jedoch stets entsprechendes Videomaterial zur Hand welches man für den Vergleich heranziehen konnte. Für jede fertig erstellte Animation, die Iñárritu zu Gesicht bekam, hängte man zehn Referenzaufnahmen an. Doch selbst hier musste man darauf achten, dass man keine Aufnahmen von Bären aus dem Zoo verwendete, sondern Videos wildlebender Tiere verwendete.

Nachdem die Animationen grünes Licht erhalten hatten, machte sich das Team daran das Fell zu animieren. Hierfür verwendete man ein neues System, welches den passenden Namen Haircraft trug und seinerzeit für den kommenden Film WARCRAFT entwickelt wurde. Für den Bären animierte man ungefähr 10 Millionen Haare.

Wie bereits erwähnt, war das natürliche Licht ein ganz essentieller Aspekt bei THE REVENANT. ILM stellte dies für große Herausforderungen, auf Grund des gefilterten Lichts, welches durch das dichte Blätterdach fiel. Oftmals wirkte der Bär zu platt ausgeleuchtet, so dass man das Fell noch einmal mit entsprechenden Effekten ausleuchten musste. Um den Bär noch realistischer wirken zu lassen, wurde das Fell noch Schmutz, Matsch, Harz, Nadeln und Kies befleckt. Man entwarf sogar Hintergrundgeschichten zu den einzelnen Fellverschmutzungen.

Die gesamte Szene gipfelt im Tod des Grizzlys, als Glass ihn schließlich erschießt. Der tote Grizzly sackt auf dem schwer verwundeten Glass nieder und kann erst durch den gemeinsamen Einsatz von Glass’ Kameraden zur Seite gerollt werden. Für diese Szene würde ein digitaler Effekt nicht ausreichen. Stattdessen erschuf Legacy Effects einen Grizzly in Lebensgröße. Natürlich durfte das Modell nicht so viel wie ein echter Grizzly – 800 bis 900 Pfund – wiegen, doch um das Gefühl der Masse übermitteln zu können, brachte das Modell am Ende immerhin 150 Pfund auf die Waage.



Der Einsatz hat sich gelohnt

THE REVENANT geizt nicht mit phantastischen Aufnahmen, eindrücklichen Bildern und einzigartigen Momenten. Doch der Grizzly-Angriff sticht selbst aus diesen beeindruckenden Szenen hervor und brennt sich ins Gedächtnis. Zudem ist dies auch innerhalb der Story ein wichtiger Moment. Iñárritus Entscheidung, alles in einer 6-minütigen Sequenz unterzubringen war goldrichtig. In Iñárritus Kopf geboren, erfolgte die Umsetzung durch die Effektstudios in mühevoller Kleinarbeit und das Ergebnis ist goldwert. THE REVENANT hat deutlich mehr zu bieten als nur diese Szene, aber dieser Filmmoment nimmt einen besonderen Platz ein.

Quelle: Cinefex 145